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Was ist eine typische Spielerkarriere?

Erfahrungsbericht einer Glücksspielsüchtigen

Was ist eine typische Spielerkarriere? Es gibt viele verschiedene! Um von niemanden das Vertrauen zu verletzen, erzähle ich Ihnen meine Geschichte. Viele Ihrer Fragen werden dadurch beantwortet.

Alles fing, wie bei allen, ganz harmlos an. Ein Getränk in meiner Stammkneipe und fünf Mark in den Spielautomat, vielleicht habe ich ja Glück!!! Leider hatte ich dies auch. Am Anfang war alles noch reiner Spaß und ich habe oft gewonnen, und wenn nicht, habe ich einfach aufgehört.

Immer öfter steckte ich mein Geld in diese Kisten, zum Zeitvertreib. Ich merkte gar nicht, wie kurz die Abstände waren und wie die Summen, die ich investierte, immer höher wurden. In meiner Stammkneipe wurde ich schon groß angeguckt. Es war mir unangenehm, so kam ich in die Spielhalle. Ein Ort wo mich keiner schräg anguckte, etwas sagte, oder mich vom Spielen abhalten wollte. Alle waren nett. Alle wollten das Gleiche: IN RUHE SPIELEN!!!!
Manchen ging es um die Gesellschaft (endlich nicht mehr alleine), anderen ums Gewinnen (sich finanziell verbessern oder Verluste wieder zurück holen), nur wenige waren nur noch aus Spaß da (einfach nur mal so, einmal im Jahr).

Vier Jahre in diesen Hallen und einen großen Berg Schulden habe ich gebraucht um zu merken, dass ich ein Problem hatte!!! Ohne Spielen ging nichts mehr. In meinem Kopf drehte sich alles ums Spielen, jede Minute, die ich nicht spielen konnte, hat mich frustriert.
Tag und Nacht dachte ich nur noch an das eine: Spielen!!!

Morgens dachte ich darüber nach, wo ich Geld zum Spielen herbekomme, mittags hatte ich das gleiche Problem, weil ich das morgens beschaffte Geld schon verspielt hatte. Mit Lügen oder nichtigen Ausreden beschaffte ich mir finanziellen Nachschub. Viele Freunde habe ich in dieser Zeit verloren. Nicht nur durch meine Lügen. Ich hatte ja gar keine Zeit mehr für irgendjemand anderen. Meine Familie habe ich im Stich gelassen. Meine Kinder waren in dieser Zeit viel auf sich selbst gestellt. Auch wenn ich da war, waren meine Gedanken nur
noch beim Spielen. Schauspielen war angesagt. Wir Spieler sind sehr gute Schauspieler!!! Eis essen gehen mit den Kindern, lachen, lustig sein, Spaß haben alles war nur gespielt.
Nachts traute ich mich nicht mehr einzuschlafen. Immer der gleiche Traum: <eine Serie an meiner Lieblingskiste >. Was aber gar nicht das Schlimmste war. Wenn ich erwachte, war ich enttäuscht, dass dies nicht die Realität war. Leider nur ein Traum. Depressionen stellten sich ein, ein riesen Druck lag auf meinen Schultern. Ich hatte das Gefühl ein schlechter Mensch zu sein und fand, dass alle ohne mich besser dran wären.

Etwa acht Jahre nach Spielbeginn, redete ich mit meiner Familie und sagte: „Ich will da raus, ich kann und mag nicht mehr!“ Mehrere Therapeuten suchte ich auf, jeder sagte mir, dass ich bei ihm falsch wäre. Das war 1999. Mit gelegentlichen Spielpausen suchte ich in den nächsten zwei Jahren weiter nach Hilfe oder versuchte es alleine – ohne Erfolg. Ich konnte nicht mehr schlafen und nicht mehr essen. Wenn ich dann wirklich einmal etwas aß, bekam ich Bauchschmerzen.

Meine Kinder waren mittlerweile so groß, dass sie merkten wie schlecht es mir ging. Sie gingen in der Schule zu ihrem Schulpsychologen und erzählten ihm von mir. Er gab meinen Kindern die Unterlagen mit einer Telefonnummer aus Herford (Suchtberatungsstelle) mit. Von dort bekam ich die Nummer von „Spielfrei leben“. Drei Monate etwa brauchte ich noch, bis ich dort das erste Mal hin ging, mit wackelnden Beinen, als ein Häufchen Elend. Es war mir peinlich, ich fühlte mich unsicher. Am liebsten wäre ich weggelaufen.

In der ersten halben Stunde tranken wir Kaffee, alle waren lustig. Ich fühlte mich fehl am Platz, warum ging es den anderen so gut, nur mir nicht. Seit vier Jahren besuche ich jede Woche diese Gruppe und weiß, dass es jedem beim ersten Besuch so geht. Nach der Kaffeerunde geht es in den Gruppenraum, erst dort wird in einem geschlossenen Kreis über die Probleme gesprochen. Alles was dort gesagt wird bleibt auch da. Die Persönlichkeit eines jeden wird respektiert.

In den letzten Jahren hatte ich viele kleine Rückschläge. Mit den Erfahrungen und Tipps dieser Gruppe, Menschen mit dem gleichen Problem, habe ich es geschafft, schon zwei Jahre nicht mehr zu spielen.

Unsere Kinder wachsen mit Nintendo, Playstation und Computer auf. Es ist eine große Verantwortung, sie auf den richtigen Weg zu führen, sie aufzuklären, welche Gefahren da schlummern. Wenn wir nicht aufpassen, reicht es ihnen bald nicht mehr, das Spiel zu gewinnen, denn wenn sie 18 sind, können sie dafür Geld bekommen - oder auch ganz viel verlieren.

@ Spielfrei leben e.V. | Mail: info@spielfrei-leben.de | c/o Eckhard Graf | Tel.: 0511 - 7900193 | Berckhusenstraße 7 | 30625 Hannover